Hier ist nun der zweite Artikel meiner Reihe über Bachata und seine Entwicklung. In diesem Artikel geht es um die Zeit der 1990er Jahre bis zum Ende des ersten Jahrzehnts der 2000er Jahre.
Bachata verändert sich in dieser Zeit als Genre enorm und verliert (endlich) seinen schlechten Ruf. Es ist auch eine Epoche, in der Bachata populärer wird und beginnt Lateinamerika zu verlassen und nach und nach die USA, Europa und den Rest des Planeten zu erobern.
Die Geschwindigkeit der Entwicklung des Bachata von den Ursprüngen bis 2010 hat enorm zugenommen, und trotzdem sieht es gegen Ende der 2010er schlecht aus. Die Popularität nimmt ab, die Leute sind vom Stillstand der Musik und vom recht eingeschränkten Tanz gelangweilt.
3. Die dritte Phase (ca. 1988 - ca. 1999): Die 90er Jahre
Während Bachata zu Beginn der 80er noch verrufen war, fand nun nach und nach ein Imagewechsel statt. Anfang der 90er Jahre wurden die jungen Luis Vargas sowie Antonius Santos populär. Mit ihrem jugendlichen und frischem Zugang zum Bachata nahmen sie eine Vielzahl an neuen Bachatas (und Merengues) auf und spielten auch viel live. Sie hatten eine große und vor allem junge Fangemeinde!
Dadurch erreichten sie eine dermaßene Popularität, die vorher undenkbar schien. Eine neue Generation an Musiker war entstanden. Im Grunde war dies die erste Generation von Pop-Bachata-Künstlern.
Durch diese neue Popularität verbreitete sich Bachata nun auch international, über die Landesgrenzen der Domenikanischen Republik hinaus. Die sehr tanzbare Musik wurde in Lateinamerika und den USA nach und nach bekannt.
Der bekannteste Musiker dieser neuen Generation war Juan Luis Guerra. Er sorgte für ein "Erdbeben" und das vermutlich wichtigste Ereignis des noch jungen "Bachata", als er 1992 mit seinem Album und den gleichnamigen Hit „Bachata Rosa“ als erster den Grammy gewann. Bachata war nun zum ersten Mal weltweit bekannt. Das führte zu einem schnellen Imagewechsel. Bachata war nun massentauglich und endlich voll akzeptiert.
Tatsächlich glaube heute noch einige, Luis Guerra habe den Bachata mit "Bachata Rosa" erfunden, aber wie oben zu lesen, ist Bachata 30 Jahre älter!
Obwohl sein Album das Wort "Bachata" im Titel tragt, ist keines der Stücke von Luis Guerra ein reiner und echter traditioneller Bachata. Mit anderen Worten, das Genre wurde immer noch weiterentwickelt und war in einer kontinuierlichen Evolution.
Zur damaligen Zeit unterschied man zwei Entwicklungsrichtungen:
a) Die "Rosa"-Bachatas
Hauptsächlich durch Victor Victor und Juan Luis Guerra entstand durch die Mischung von traditionellem Bachtata und romantischen Balladen eine neue romantische Richtung des Bachata. Die Musik war langsam und die Texte waren deutlich romantischer als vorher.
Victor's "Mesita de Noche" sowie Luis Guerras "Bachata Rosa" waren nicht nur in der Dominikanischen Republik, sondern auch international in den Charts und verkauften sich gut.
b) Der "Tecnoamargue"
Tecnoamargue wurde vor allem durch Sonia Silvestre als Interpretin und Luis Días als Komponistin vertreten, welche den traditionellen Bachata mit insofern veränderten, dass sie ihn mit elektronischen Instrumenten wie Keyboards mischten, als auch generell Stilmittel des Rock und Jazz sowie Rhythmen aus anderen Bereichen der Karibik mit aufnahmen.
Die Texte waren weniger romantisch, einige Texte grenzten schon an den abstrakten Expressionismus.
4. Die vierte Phase (ca. 2000 - ca. 2010): Aventura erobert das neue Millenium
Ab den 2000er Jahren wurde Bachata auch mehr und mehr durch die zunehmende Digitalisierung der Musik beeinflusst. Die Produktion im Studio wurde wichtiger. Erste Effekte, Loops und Mehrstimmigkeit fanden Platz in einigen Produktionen. Dazu kamen immer weitere Fusionen mit anderen Musikrichtungen.
Die Musik gerät durch die Internationalisierung auch mehr in das ökonomische Interesse der Plattenfirmen. Idealisten der ersten Stunde, wie der Radiosender „La Guarachita“ verschwinden. Stattdessen rückten Vermarktung, internationale Verbreitung, internationale Charts und auch Popkultur weiter in den Mittelpunkt. Bachata hatte zu dieser Zeit für viele seine „Unschuld“ verloren und wurde kommerziell.
Die Texte der 2000er sind vor allem durch die „Rosa-Bachatas“ der 90er Jahre beeinflusst. Aber sie sind weniger sexuell-doppeldeutig als noch in den 90er Jahren. Nach wie vor ist die ursprüngliche Nostalgie, das Begehren, die Sehnsucht und der Schmerz der unglücklichen Liebe thematisch im Mittelpunkt.
In dieser Zeit setzte Bachata zu seinem ersten internationalem Höhenflug an. Die Bachataband Aventura mit dem Leadsängers Anthony "Romeo" Santos revolutionierten und modernisierten das Genre enorm, indem sie R&B, (etwas) Hip-Hop und Pop mit romantischen Bachata der 90er fusionierten.
Auch neue, dem Genre bisher fremde Instrumente wie Congas, Saxophone und Timbales wurden integriert. Die Hoffnung war, so den Mainstream zu erreichen.
Auf späteren Alben wurde zu Aventuras besonderem und modernen Sound sogar Elemente des Reggaeton zugefügt.
In Europa fand Aventuras Durchbruch 2004 (mit Romeo Santos als Sänger) statt, als das Lied "Obsesión" in vielen Ländern in die Charts Einzug hielt. Im September 2004 war das Stück in Deutschland sogar auf Platz 1 der Charts und die Konzerte waren selbst in Europa schnell ausverkauft. (Wer war noch in 2004 Frankfurt dabei?)
Weitere Hits von Aventura wie "Por Un Segundo" und "Dile Al Amor" untermauerten den Erfolg der Band, die seit den 90ern bereits Musik machte.
Gleichzeitig schwammen auf dieser Erfolgswelle eine neue Generation von Musikern (wie "Monchy y Alexandra" oder Xtreme ) mit, die sehr gut tanzbaren Bachata international verkauften.
In Aventuras Schatten wurden viele andere traditionelle Bachatabands in den USA und Europa bekannt.
Weitere aktive Musiker dieser Zeit: Blas Duran, Ramón Torres, El Chaval de la Bachata, Hector Acosta, Zacarías Ferreira, Luis Miguel del Amargue, Elvis Martínez, Frank Reyes, Teodoro Reyes, Raulín Rodríguez, Antony Santos, Yoskar Sarante, Chicho Severino, Luis Vargas und Joe Veras. Auch Grupo Extra war damals schon aktiv und Juan Luis Guerra war die ganze Zeit present
Aventura trennen sich - die Krise
2009 trennten sich Aventura auf dem Höhepunkt ihres Erfolges, nach einer Abschieds-CD und einer Abschiedstour. Der Grund war u.a. eine von Henry Santos geplante Solo-Karriere. Ein großer Fehler, wie die folgenden Jahre zeigten. Als Aventura sich 2009 auflösten war Bachatamusik international schon wieder stark im Rückzug.
Wie sollte es weitergehen? In den Clubs wurde zum Ende des ersten Jahrzehntes relativ wenig Bachata gespielt. Man war der Meinung, dass der Tanz an eine Grenze gekommen ist und nicht wenige waren von der wenig variationsreichen Musik gelangweilt.
Nach vielen Jahren des "traditionellen" Bachatas gab es wenig neues zu entdecken. Typischerweise wurden auf Partys zu dieser Zeit (bis ca. 2011) alle 30min mal 1-2 Bachatas gespielt.
Übersicht, über alle Teile dieser Reihe:
Teil 1: Die musikalische Entwicklung des Bachata I: Die Anfänge (1960 - 1990)
Teil 2: Die musikalische Entwicklung des Bachata II: Das Genre etabliert sich (1990-2010)
Teil 3: Die musikalische Entwicklung des Bachata III - Der Trend des Jahrzehnts (2010-2020)