Silla blanca - white chair Ich war nie ein großer Freund von Bad Bunny. Sein Gesang zu sehr am Zeitgeist, zu traurig und einfallslos und als großer Musiker ist er bisher auch nicht in Erscheinung getreten. 
Im Grunde ist der Großteil seiner Musik bisher für Menschen, die aus der Pubertät raus sind, schwer zu ertragen gewesen. 
Am 5. Januar 2025 hat er nun sein 6. Album "Debí Tirar Más Fotos" veröffentlicht. Seit dem kennen meine sozialen Medien nichts anderes mehr. Das Album und der gleichnamige Song "Debí Tirar Más Fotos" sind weltweit in den Charts ganz vorne, oft auf der Spitzenposition. In den USA ist es sein viertes (!) Nummer-eins-Album! 
Ein Grund mal genauer hinzuschauen:

 

"Debí Tirar Más Fotos" ist ein Meilenstein


Das Album "Debí Tirar Más Fotos" stellt im Wesentlichen eine Hommage an seine Heimat Puerto Rico und seine traditionellen Musikstile wie Plena, Jíbaro und Salsa dar. Alles gewürzt mit Reggaeton und House. 
Dabei sind die Menschen (wie auch im parallel veröffentlichtem Kurzfilm auf Youtube) sowie die politischen Situation Puerto Ricos im Mittelpunkt.
Mit diesem Album unterstreicht Bad Bunny erneut seine Fähigkeit, traditionelle puerto-ricanische Musik und puerto ricanische Rhythmen mit modernen Klängen zu verbinden und dabei wichtige soziale Themen anzusprechen. 
Das Album enthält zwei phantastische, moderne Salsa und abgesehen davon beginnt sein Album mit einem Salsa von El Gran Combo (Un Verano en Nueva York), was eine ganz große Homage und Verneigung der Altmeister ist,d ie seit den 60er Jahren (!) Puerto Rico mit Salsa vertreten.

Puerto Rico hat einen etwas seltsamen Status. Es ist Territorium der Vereinigten Staaten, aber mit eigener Verfassung und Selbstverwaltungsrechten, jedoch unter der Souveränität der USA! Das heißt, die Bewohner sind US-Staatsbürger, dürfen aber beispielsweise nicht an den US-Präsidentschaftswahlen teilnehmen und haben keinen stimmberechtigten Vertreter im US-Kongress.
Die Bewohner wollen zum Teil das Puerto Rico der 51. Bundesstaat der USA wird, die Mehrheit jedoch fürchtet einen Verlust der eigenen, karibischen Identität und der eigenen Kultur. Demzufolge thematisiert Bad Bunny Probleme wie Gentrifizierung und den Verlust kultureller Identität. So vergleicht er im Song "Lo Que Pasó a Hawaii" (das was mit Hawaii passiert ist), die Situation Puerto Ricos mit Hawaii, welches seit 1959 vollständig in die USA als 50. Bundesstaat integriert ist und viel seiner Kultur verloren hat.  

Im Titelsong "Debí Tirar Más Fotos" drückt Bad Bunny auf einmalige Art das Gefühl aus, eine gewöhnliche Situation mit Freunden und Familie nicht in diesem Moment ausreichend geschätzt und genossen zu haben und solche Dinge als gegeben und nicht als besonders geachtet zu haben. Er hätte also mehr Fotos von geliebten Menschen und schönen Situationen machen sollen, um sich daran zu erinnern.

Diese gemischten Emotionen sind so typisch für dieses Album. Emotionen, die man beim Hören und Lesen der Texte fühlt. Er kann etwas, was ich so in dieser Form selten gesehen oder gehört habe. Trauer und Glück werden direkt miteinander verbunden. Er singt darüber dass auch Trauer schön sein kann, weil sie uns als tiefe menschliche Emotion daran erinnert, was vorher war.

Zu einer Trennung sagt er zum Beispiel, dass es ein Glück war, vorher alles erlebt zu haben und nun der Herzschmerz uns daran erinnert. Das sind nicht mehr die Gedanken des Spätpubertierenden, den ich vor Jahren das erste Mal hörte. Bad Bunny ist mit diesem Album erwachsen geworden.

Silla blanca - white chair

 

Das ganze hat nun auch für unsere Salsaszene in Europa eine weitere, große Bedeutung: 

Bachata hat die Tanzflächen Europas übernommen

Noch vor nicht allzuvielen Jahren war Salsa bei allen Latin-Partys die unangefochtene Nummer 1. Wer tanzen lernen wollte, lernte zuerst Salsa, später dann Bachata. 

Das hat sich in den letzten 5-7 Jahren massiv verändert. Viele lernen heute Bachata, sind sehr gut darin und stolpern bei der ersten Salsafigur, die man mit ihnen tanzt. Tanzschuhe sieht man immer weniger, dafür Turnschuhe. Neue Generationen kommen zum Tanzen und wollen Bachata. Die Folge ist eine enorme Flut an modernen, schnell produzierten Bachatatiteln (alleine 2024 über 300 Einzelerscheinungen!) und kaum noch Salsaveröffentlichungen. In den großen Städten gibt es an mehreren Tagen reine Bachatapartys.

Das tänzerische Niveau bei Salsa in den großen Salsametropolen ist mittlerweile so stark gesunken, dass es nur noch traurig macht.
Die Gründe sind vielfältig und sicher mal Thema eines anderen Artikels.


Kann Salsa ein Comeback schaffen?

Natürlich würde sich jeder Salsatänzer wünschen, dass Salsa wieder mehr Popularität gewinnt. Salsa ist keineswegs tot, doch frischer Wind tut Not.
Und genau jetzt in dieser Situtation kommen Neuveröffentlichungen mit unglaublich guten Salsastücken von Bad Bunny  (Baile Inolvidable & La Mudanza) und Rauw (Tú Con El). Artisten, die vorher nie Salsa veröffentlicht hatten.

Diese Modernisierung freut mich besonders, da Salsa plötzlich wieder für jüngere Generationen sichtbar und attraktiver gemacht wird. Soziale Medien tun gerade ihren Rest dazu. 
Ich hoffe auf weitere Kollaborationen zwischen Salsa-Künstlern und vielleicht auch einem Bad Bunny Salsa-Album 😍 . In Puerto Rico hat er bei einem Konzert letzte Woche, viele seiner alten Hits (wie Callaito) erstmalig mit Orchester als Salsaversion gespielt. (Das schreit geradezu nach einem Salsaalbum).
Wenn ein so einflussreicher Künstler, mit seiner immensen Reichweite, Salsa spielt, selbst sein Album damit beginnt, ist für mich ein sehr starkes Statement!
Die damit verbundene Erhöhung der Sichtbarkeit von Salsa kann viel Gutes in den nächsten Monaten hervorbringen.

Bad Bunnys Engagement für Salsa ist ein sehr positives Signal für das Genre. Es zeigt, dass Salsa weiterhin als kulturell und musikalisch relevant wahrgenommen wird und mit der richtigen Plattform wieder an Popularität gewinnen kann.

Biografie Bad Bunny

Bad Bunny, heißt mit bürgerlichem Namen Benito Antonio Martínez Ocasio. Den Künstlername wählte er nach einem Familienfoto seiner Eltern, wo er als 6jähriger ein Hasenkostüm an hatte.

Er ist am am 10. März 1994 in Vega Baja, Puerto Rico, geboren. Er weigert sich, sich auf ein Geschlecht festzulegen und bezeichnete sich in der Vergangenheit als Genderfluid. Er setzt sich  setzt sich für LGBTQ+-Rechte sowie soziale Gerechtigkeit ein. Er trat auch schon als Drag in seinen Videos auf und hat einen sehr eigenen Modegschmack, der viele Menschen beeinflusst hat.

Er machte schon als jugendlicher Musik (anfangs in einem Kirchenchor!), arbeitete aber auch als Einpacker an der Kasse in Supermärkten. Seine ersten Songs veröffentlichte er auf SoundCloud.
Sein erster Hit war 2017 "Soy Peor". Gerade anfangs waren seine Songs eine Mischung Reggaeton, Trap und anderen Genres. 2019 veröffentlichte er den Hit "Callaíta".
2020 war er der meistgestreamte Künstler auf Spotify weltweit. 


Studioalben Bad Bunny:

    1. "X 100PRE" (2018)
    2. "YHLQMDLG" (2020)
    3. "Las Que No Iban a Salir" (2020)
    4. "El Último Tour Del Mundo" (2020)        
    5. "Un Verano Sin Ti" (2022)
    6. "Debí Tirar Más Fotos" (20)25

 

 

 

Quelle Foto 1: Tiabi - Muchas Gracias

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