Die Entwicklung der Musik steht niemals still. Seit es Menschen gibt und seit es Musik gibt, gab es Wandel der Stile und Musikformen. Schon lange warte ich auf eine neue Richtung innerhalb der Latinmusic und nun scheint es soweit zu sein, dass sich ein neuer Stil etabliert hat.
Innerhalb der Latinmusic gab es immer wieder neue Strömungen, Richtungen und Trends.
War es vor 15 Jahren der erste kommerzielle Höhepunkt des (bereits um die 1990er Jahre entstandenen) Reggaetons, die Rückkehr des Guaganco im Salsa oder auch Salsa Chocke, der vor ein paar Jahren aus Kolumbien zu uns kam, so ist es momentan ein vom Hip-Hop abstammender Stil, der Latin-Trap, der zurzeit die Tanzflächen erobert. Das ist eine spannende Entwicklung, da hier gerade etwas Neues sich rasend schnell etabliert und auch durchaus das Potential hat, größere Massen zu begeistern. Wer sagt da noch, es passiert in der Lationszene nichts Neues mehr? ;-)
Was ist Trap und wo liegt der Unterschied zum Latin-Trap?
Ursprünglicher Trap
Trap stammt ursprünglich von der Westküste der USA und hat als einen Ursprung das Drogenmillieu aber auch Hip Hop und viele Einflüsse der Straße. Er erinnert noch teilweise an Rap und benutzt auch den typischen Sound des Roland TR-808 Drumcoputers aus den 80er Jahren, der durch seinen charakteristischen Sound dem ganzen ein sehr eigenes Image mit hohem Wiedererkennungswert gibt. Gesungen und gerappt wird auf Englisch.
Ein Trap soll von der Wortbedeutung her, so etwas wie ein Einkaufsort/ Platz für Drogen sein, kann aber auch das Millieu und den Lebensraum der Menschen auf der Straße beschreiben. Wir reden hier von der „Falle“, in der sich diese Menschen befinden.
Trap war immer ein Subgenre des amerikanischen Hip Hops und außerhalb seiner Subkultur nicht sehr verbreitet.
Wikipedia zum Thema Trap: deutsch, englisch (mit Tonbeispielen), spanisch
Hier meine aktuelle Latin-Trap Playlist: Reggaeton und Trap 2018
Zur Geschichte des Trap:
Trap kann als Hip-Hop-Musik-Subgenre betrachtet werden, welches am Ende der 90er Jahren in den südlichen USA entstand. Schwere Beats mit leichten, verspielten, aber deutlich lauten Hi-Hat-Rhythmen und das langsame Tempo sind einige der Merkmale. Die dunkle Atmosphäre ein anderes. Auch die Texte sind nachdenklich bis hin zu depressiv und je nach Titel und Sänger, handeln sie vom Straßenleben, Drogen und Beschaffungskriminalität, Missbrauch, Armut, Gewalt usw.
Darüber liegen oft „Teppiche“ von Synthesizern. Die durchschnittliche Geschwindigkeit liegt oft zwischen 100 BPM bis 150 BPM.
Bekannte Trap Künstler: Future, Travis Scott
Latin-Trap
Doch seit ca. 1-2 Jahren nimmt diese Musik in einem neuen Gewand richtig Fahrt auf. Das Genre hat durch Latin-Stars wie Maluma und Bad Bunny viel Aufwind erfahren, die ihren eigenen Remix aus Reggaeton, Hip Hop, Blackmusic und Trap daraus präsentieren. So war der Latin-Trap geboren.
- Vor kurzem (am 26.1.2018) hat nun auch Shakira, nachdem sie letztes Jahr auch Reggaeton verpoppt hatte, einen Song mit Maluma veröffentlicht, der passenderweise „Trap“ heißt. Damit ist Trap definitiv in der Masse angekommen.
- Romeo Santos veröffentlichte am 30.1.2018 mit Ozuna zusammen „El Farsante“, ebenfalls in Latin-Trapmanier, mit geringen Anleihen an Bachata. Latin Trap ist momentan neben Reggaeton das erfolgreichste Genre aus Südamerika.
Im Latin Trap werden nun Hip Hop-, Reggaeton und auch Blackmusic-Elemete zusammen mit der spanischen Sprache gemischt. Bei einigen Stücken sind sogar Dubstep-Anleihen zu finden.
Hier mal ein Anspieltipp, damit ihr mal einen guten Eindruck von einem aktuell Latin-Trap bekommt: J Balvin (ft. Bad Bunny) - Si Tu Novio Te Deja Sola.
Nachtrag: Ich wurde bei Facebook gefragt, wie man dazu tanzt... ;-)
Einen Paartanz wird es sicher nicht dazu geben.
zum weiter unten erwähnten Bachta-Latin-Trap ist die ANtwort hingegen klar: Bachata sensual
Die erste Phase des Latin-Trap
Man kann jetzt schon von mindestens zwei Phase innerhalb dieses Subgenres "Trap" sprechen. Die erste Phase ist älter und die zweite die aktuelle, massentaugliche. Sie ist ist etwas poppiger und definitiv charttauglicher, was sehr zur Popularität beigetragen hat.
Das Genre ist leicht wiederzuerkennen und somit trennscharf zu Reggaeton abgegrenzt, wobei es bei einigen Künstlern Überschneidungen gibt. Auch thematisch liegen beide Genres nicht weit auseinander, da sie ja auch im Publikum große Schnittmengen haben.
Bekannte Künstler der ersten Phase: Randy, Messiah, Arcángel, De La Ghetto (also hauptsächlich Rapper und Sänger aus Puerto Rico).
Die zweite Phase des Latin-Trap
In der zweiten Phase, ab Ende 2015 kamen Künstler aus Kolumbien, der Dominikanischen Republik und Venezuela hinzu: Bad Bunny, Ozuna, Lary Over, Anonimus, Noriel, Bryant Myers, Brytiago, Almighty, Darell, Juhn, Farina, Karol G uvm.
„Geadelt“ wurde das Genre nun durch Kooperationen und Charterfolge von Romeo Santos, Shakira, J. Balvin und Prince Royce und anderen.
Trotzdem spiegelt sich auch hier thematisch alles wider, was dem Leben der Straße entspricht. Teilweise sind die Texte sehr explizit und nicht wenige Stücke landen wegen der Texte auf dem Index. Feinsinnige Lyrics darf man hier nicht unbedingt erwarten. ;-)
Es gibt eine extreme Latin-Trap Variante, vor allem in Venezuela, bei der es bei einigen Titel nach wie vor schwierig ist, diese kommerziell zu vermarkten, da in den Texten auch gelegentlich sexuelle Anspielungen, Drogen, Prostitution, seltener Frauenfeindlichkeit und Waffengebrauch vorkommen. So wurden recht viele dieser Songs von Youtube und anderen sozialen Medien entfernt, aber auch die Radiostationen weigerten sich in Südamerika diese extreme Variante des Latin-Trap zu spielen.
So gab es einige Kontroversen um Stücke wie den Remix von "Sola" (mit Farruko, Zion & Lennox, Wisin und Daddy Yankee) sowie um Malumas Single "Cuatro Babys", vor allem wegen des frauenfeindlichen Inhalts.
Allerdings sagen auch einige der aktuellen Reggaetonkünstler, dass sich die Medien nicht aufregen sollen. Reggaeton war anfangs inhaltlich auch viel gewalttätiger und wurde dann im Laufe der Jahre und mit fortschreitender Kommerzialisierung „zahmer“. Gleiches wird vermutlich auch beim Trap einsetzen.
Hier noch ein Bericht, den ich zu dem aktuellen Latin-Trap von Ozuna und Romeo Santos "El Farsante" geschrieben habe. Der Bachata Remix von DJ Tronky ist auch enthalten!
Bachata Trap
So mancher Latin-Trap eignet sich durch sein langsames Tempo gut für Bachata-Remixe, zumal die Originalkünstler in der Tanzszene oft sehr bekannt sind. Bekannte Remix DJs wie DJ Tronky, DJ Solatrix, Dj Manuel Citro sind schon im letzten Jahr auf diesen Zug aufgesprungen und haben wirklich zu einer Erweiterung des Modern Bachata beigetragen. Gerade DJ Tronky hat für mich damit das Genre des Bachata erweitert.
Rein von der Geschwindigkeit und dem Feeling eignen sich viele Latin-Trap, um darauf langsame Bachata sensual zu tanzen. Ich bin sicher, dass diese Entwicklung noch nicht an ihrem Ende angekommen ist.
Das oben verlinkte Stück hier nun als Bachata-Trap: J Balvin (ft. Bad Bunny) - Si Tu Novio Te Deja Sola(Bachata Remix von DJ Manuel Citro)
Mein Fazit zum Latin-Trap
Von Hip Hop und von englischsprachigem Trap habe ich kaum einen Hintergrund, da kann ich wenig zu sagen. Deswegen ging ich auch recht offen an den Latin-Trap heran. Dieser ist seit spätestens 2017 massentauglich geworden. Die Musik hat etwas sehr interessantes, melancholisches und kommt mir zumindest weniger monoton als mancher Reggaeton vor.
Durch diesen neuen Stil, kommt es zu einer breiteren Auffächerung der Latinmusic. Das ist gut. Weitere Zielgruppen und Märkte werden da zum erstem Mal mit spanischsprachiger Musik Kontakt haben. So wird es dadurch eine weitere Zunahme der Popularität lateinamerikanischer Musik geben. Seit den 2000er Jahren geschah das zunehmend immer phasenweise. Das finde ich eine sehr positive Entwicklung.
Obwohl, genau wie beim Reggaeton, keine Bands oder Musiker eine größere Rolle bei der Instrumentierung spielen und vieles auch eher von Produzenten als von Musikern stammen wird, so hat diese Musik für mich trotzdem ihre Berechtigung und ihren Reiz, auch wenn ich weder altersmäßig noch von meiner Sozialisation sicher nicht zur klassischen Zielgruppe gehöre.
Die Musik ist hörenswert und hat auch inhaltlich einiges zu bieten. Den manchmal monotonen Gesang muss man aber mögen, wobei da jeder Künstler auch seinen eigenen Stil hat. Die Tatsache, dass eher Produzenten und Sänger im Mittelpunkt stehen, anstelle von Musikern ist sicher auch der jugendlichen Zielgruppe und dem aktuellen Musiktrend geschuldet. Textlich finde ich die modernere und kommerziellere Variante besser, ich komme mit der teilweise vorhandenen Gewaltverherrlichung, Frauenfeindlichkeit und der gelegentlich durchblitzenden "Auge um Auge-Moral", wie sie in den härteren Straßen-Traps gelegentlich zu finden ist, nicht so gut zurecht. Aber so genau muss man da ja auch nicht hinhören ;-).
Die Grenze zwischen Reggaeton und Latin-Trap ist übrigens nicht so eng gezogen, da mancher Künstler aus beiden Genres veröffentlicht und auch die Zielgruppe sich zum Teil überschneidet.
Was den Bachata betrifft, der hier ja nur ein Randphänomen ist, so bin ich mir sicher, dass der moderne Bachata sich durch Aufnahme von Trap-Elementen und durch Remixe weiter verändern wird. Aber auch das ist nichts Neues, es wird immer wieder Fusionen geben und Künstler, die Stile mischen, um so neues zu kreieren. Denn so ist letztlich ja auch der Latin-Trap aus dem Trap entstanden, der aus dem Hip-Hop kam, der vom Breakdance und anderem beeinflusst wurde usw.